Der Orta-See in Piemont ist eine Reise wert

"Komm ein bisschen mit nach Italien, mit ans blaue Meer!" Dieser Text zu einer alten Melodie lädt ein, das Land am Mittelmeer zu besuchen. Italien besitzt aber nicht nur eine endlos lange Küste entlang der See. Italien ist auch ein Land der Seen. Gerade die oberitalienischen Gewässer, wie der Garda oder Luganer See, sind seit Jahrhunderten das Urlaubsziel sonnenhungriger Mitteleuropäer. Am Fuße der alpinen Südhänge gelegen, verwöhnen sie mit mildem Klima und üppiger, subtropischer Vegetation. Ein Kleinod unter den norditalienischen Seen ist der wenig bekannte Lago d´Orta. Der Cusio, wie der Ortasee auch genannt wird, gilt als Geheimtipp. Hier findet man noch das ursprüngliche Italien. Die Zeit scheint in dieser Gegend still zu stehen. Der Lago d´Orta hat sich eine unverfälschte Originalität bewahrt und folgt nicht dem Trend der Touristenhochburgen. Er schwimmt gegen den Strom. So schickt er sein Wasser nicht wie seine großen Brüder nach Süden in Richtung Po und Adria, sondern leitet es beharrlich nach Norden, als wolle er es den Alpen schenken und nicht dem Meer.

Nicht einmal 700 Kilometer von unserer Heimat entfernt liegt der 13 Kilometer lange See in Piemont, 30 Autominuten westlich des berühmten Lago Maggiore, inmitten grüner Hügel. Der Ortasee ist ein beschaulicher Ort, voller Poesie. Literaten aus ganz Europa haben den romantischen See mit schwärmerischen Worten beschrieben. Auch Friedrich Nietzsche ging am Ufer des kleinen Lago seinen philosophischen Gedanken nach.

Hauptort am See ist Orta San Giulio, ein städtebauliches Juwel. Alle Straßen, Gassen und Treppen des malerischen Städtchens münden in die Piazza Motta, einem zum See hin offenen Marktplatz. Hier steht Ortas berühmter Palazzo Comunale aus dem Jahre 1582, eine kleine Ausgabe der Rathäuser der italienischen Stadtrepubliken. Magischer Blickfang auf dem Marktplatz allerdings ist die vorgelagerte Klosterinsel San Giulio. In kürzester Zeit wird man von den Booten, die am Ufer vor der Piazza warten, auf das mystisch anmutende Eiland gebracht. In der Krypta der Inselbasilika sind in einem gläsernen Sarg die sterblichen Überreste des Heiligen Giulio aufgebahrt. Die romanische Kirche birgt einen Schatz der Bildhauerkunst: Eine Kanzel aus schwarzem, poliertem Marmor.

Orta San Giulio wird vom Sacro Monte, dem Heiligen Berg überragt, einer Gebets- und Kulturstätte. Zu Ehren des Heiligen Franz von Assisi wurden dort zwanzig Kapellen errichtet mit wertvollen Fresken und lebensgroßen Terrakottafiguren. Von der Anhöhe aus, wo man zwischen Palmen und unter schattigen Laubbäumen herrlich spazieren gehen kann, genießt man einen traumhaften Blick auf die Isola San Giulio.

Alljährlich findet zu Beginn der Sommersaison die Gartenschau "Orta-Fiori" statt, diesmal ab Mitte Mai bis Mitte Juni. Die historischen Paläste und Häuser von Orta San Giulio bieten am Tage und bei abendlicher Beleuchtung eine unvergleichliche Kulisse, wenn Azaleen, Rhododendron und viele andere Blumen die Stadt in ein Blütenmeer verwandeln.

Gegenüber von Orta San Giulio auf der anderen Seeseite erhebt sich in 700 Meter Höhe ein Granitfelsen, auf dem die Barockkirche Madonna del Sasso über dem Ortasee thront. Vom Garten der Wallfahrtsstätte aus erfasst man mit einem Blick den ganzen See.

Größte Ortschaft am Lago ist Omegna, ein geschäftiger, lauter Ort mit dem Flair einer Industriestadt. Donnerstags verwandelt sich die Uferpromenade in ein großes Feiluftkaufhaus, wenn Händler aus der gesamten Region ihre Waren feil bieten. Einen riesigen Markt kann man freitags in Borgomanero, südlich von Orta besuchen.

Geschichtsträchtige Informationen vermitteln einige sehenswerte Museen. In Gignese kann eine Schirmsammlung mit seltenen Exemplaren bewundert werden, in Quarno Sotto sind Blasinstrumente ausgestellt und in San Maurizio d´Opaglio wird über die Herstellung und Entwicklung des Wasserhahnes berichtet. Auf 1500 Meter Höhe liegt das Skigebiet des Sees auf dem Berg Mottarone, mit einem grandiosen Ausblick auf das Gebirgsmassiv des Monte Rosa und die Seen Piemonts und Tessins. Der Berg ist durch eine mautpflichtige Privatstraße von Orta aus in 45 Minuten erreichbar.

Obwohl der Lago d´Orta abseits des Touristenrummels liegt, sind seine Ortschaften auf Besuche gut vorbereitet. Neben Luxusherbergen werden Mittelklasseunterkünfte, einfache Pensionen, Ferienhäuser, Wohnungen und Campingplätze angeboten. Ausgezeichnete Erfahrungen haben wir im Drei-Sterne Hotel Santa Caterina gemacht, zehn Gehminuten vom autofreien Stadtzentrum von Orta San Giulio entfernt. Das Haus bietet bei gutem Preisleistungsverhältnis Übernachtung mit feinem Frühstücksbuffet an und stellt Gästen eine private Tiefgarage zur Verfügung. Wer Pizza liebt, sollte in Pettenasco einkehren, einem kleinen urigen Ort mit mittelalterlicher Bausubstanz am Seeufer nördlich von Orta. Bei moderaten Preisen kann man es sich in dem einfachen, aber adretten Ristorante Vecchio Forno gut schmecken lassen.

Sportlich aktive Urlauber finden am Ortasee reichlich Gelegenheit zum Wandern, Reiten, Tennisspielen, Segeln, Surfen, Rudern und Baden bei Wassertemperaturen im Sommer um 22 Grad. Empfehlenswerte Ausflüge in die nähere Umgebung: Das 70 Kilometer entfernte Mailand, die viel gepriesenen Weinanbaugebiete Piemonts, die Alpen, die Isola Bella im Lago Maggiore bei Stresa.

Schnellste Reiseroute  zum Lago d`Orta: 

Über Strasbourg, Colmar, Basel, Bern, Autoverladung Lötschbergtunnel, Simplonpass.

Oder: Basel, Luzern, Gotthardtunnel oder Pass, dann entlang der Uferstrasse des Lago Maggiore.

Informationen in deutsch über den Ortasee erteilt das Touristikbüro in:

I-28016 Orta San Giulio, Via Panoramica, 

Telefon: 0039 0322 905614 und 905163 

(Die Null muss bei der Ortsvorwahl mitgewählt werden!) 

Fax: 0039 0322 905273

eMail: infoorta@jumpy.it

Guter Überblick auf der Internetseite: www.lagodorta.net

(erschienen in der Saarbrücker Zeitung am 25. April 2003)